Ich mag Scrum. Naja, okay, das ist vielleicht nicht so eine riesige Überraschung, wenn man einen Blog schreibt, der sich mit Agilität beschäftigt. Trotzdem glaube ich, dass ich das betonen sollte, bevor ich mich in diesen Artikel stürze.
Scrum ist gefühlt überall. Wenn irgendwo von Agilität die Rede ist, ist es oft das erste und einzige Framework, das genannt und in Betracht gezogen wird – oft in der unsäglichen Schreibweise SCRUM. Aber es ist ein Framework, das aus der Softwareentwicklung kommt und sich für genau diesen Kontext bewährt hat. Doch anstatt es dort sinnvoll einzusetzen, wird es immer häufiger als generelle Methode für alles Mögliche verwendet – ob es passt oder nicht.
Scrum ist für Software gemacht
Scrum wurde entwickelt, um die Arbeit von Softwareteams zu organisieren. Iterative Entwicklung, inkrementelle Verbesserungen und enge Zusammenarbeit im Team – all das sind Prinzipien, die wunderbar in die Art und Weise passen, wie Software entsteht. In einem Umfeld, in dem Anforderungen sich schnell ändern, technische Herausforderungen komplex sind und ein funktionierendes Produkt nicht einfach im Voraus durchgeplant werden kann, entfaltet Scrum seine Stärken. Die Rollen, Artefakte und Events sind genau darauf abgestimmt.
Aber: Scrum ist keine Universallösung. Es ist kein Allheilmittel für jegliche Art von Arbeit. Trotzdem versuchen viele Unternehmen, es auch in Bereichen einzusetzen, in denen es schlicht nicht funktioniert und die Vorausssetzungen nicht gegeben sind. Dazu gehören:
- Ein iterativer Arbeitsstil mit regelmäßigen, funktionierenden Zwischenergebnissen – einen Satelliten stückchenweise ins All zu schießen wäre unsinnig.
- Ein autonomes, interdisziplinäres Team, das eigenverantwortlich Entscheidungen treffen kann – bitte wirklich ein kritischer Blick in die Organisation, ob das nicht nur Wunschdenken wäre.
- Ein Umfeld, in dem sich Anforderungen häufig ändern und schnelle Anpassungen notwendig sind
Doch wie oft werden diese Bedingungen ignoriert? Ich habe Scrum bereits in Bereichen gesehen, in denen es einfach nicht passt: von Marketing-Teams über HR-Abteilungen bis hin zu strategischen Projekten in Unternehmen. Was passiert dann? Die Meetings werden abgehalten, weil sie im Scrum Guide stehen, Sprints werden erzwungen, obwohl es keine sinnvollen Inkremente gibt, und das Team kämpft gegen ein Framework, das nie für seine Arbeit gedacht war.
Agilität bedeutet Anpassungsfähigkeit. Das sollte auch für die Wahl der Arbeitsweise gelten. Nur weil Scrum ein bekanntes und bewährtes Framework ist, heißt das nicht, dass es für jede Art von Arbeit oder jedes Team geeignet ist. Statt Scrum reflexartig als „den agilen Standard“ zu betrachten, sollten Unternehmen sich die Zeit nehmen, die passende Methode für ihre spezifische Situation zu finden. Denn Agilität bedeutet nicht, einfach nur Scrum zu machen – sondern so zu arbeiten, dass es wirklich funktioniert.