„Die optimale Teamgröße beträgt sieben Mitglieder, plus oder minus zwei“, so steht es im Scrum Guide. Diese Zahl, so erlebe ich es, wird mehr und mehr als „in Stein gemeißelt“ angenommen und in einigen Firmen, die sich Richtung eines agilen Unternehmens transformieren möchten, als gesetzt angenommen und für alle Teams verbindlich vorgeschrieben. „Ihr seid zu zehnt? Dann teilt euch auf. In zwei 5er-Teams Weil: Steht da so!“
Das ist so ein Schwachsinn! Und zwar aus so vielen Gründen Schwachsinn, dass ich mich mit wachsender Begeisterung darüber aufregen könnte.
Zunächst mal wäre es vielleicht hilfreich, den oben zitierten Absatz weiterzulesen, da wird nämlich schon von den Autoren des Scrum Guides darauf hingewiesen, dass das ein Erfahrungswert ist, dass es aber auch funktionierende Gegenbeispiele gibt.
Außerdem beruht diese „Teamgröße“ – außer auf der Erfahrung der Scrum Guide Autoren – auf einer von einem Psychologen gemachten Erkenntnis. (Millersche Zahl) Ohne diese nun allzu sehr auf Stichhaltigkeit oder Übertragbarkeit prüfen zu wollen, es gibt ein Kommunikationsproblem dabei: Wein ein Psychologe oder Soziologe schreibt „7 +- 2“, so versteht ein Mathematiker (oder Informatiker oder Manager) oft „den Zahlenraum von 5 bis 9“. Der Psychologe meine allerdings „Durchschnitt 7, Standardabweichung 2“. Ja, unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen kommunizieren unterschiedlich! Leider sind es immer wieder Manager, für deren Weiterbildung in Kommunikationsschulungen mit den tollsten Kommunikationsmodellen und fragwürdigen Persönlichkeitstypen-Kategorisierungen tausende Euro gesteckt wurden, die nicht das nicht verstehen!
Das nächste, was mich an der one-size-fits-all Einstellung ärgert, ist, dass ständig vergessen wird, dass man vielleicht auch sagen muss, wofür die „ideale Teamgröße“ definiert werden soll.
Die Aussage aus dem Scrum Guide bezieht sich nämlich auf – Trommelwirbel – Scrum Teams! Soll das Team Fußball spielen, so wäre 9 eine ziemlich unangenehme Obergrenze, wenn der Gegner mit 11 Spielern aufläuft. Soll das Team effizient Entscheidungen treffen, so könnte eine gerade Anzahl Teammitglieder wenig hilfreich sein. Unterschiedliche Aufgaben können außerdem unterschiedliche Kommunikationsstrukturen erfordern, was auch wieder Einfluss auf die Teamgröße haben kann. Muss im Team wirklich jeder die Aufgaben der anderen vollständig verstehen oder übernehmen können? Dann sind 7 eventuell schon viel zu viel (weil ich dann auch die Skills aller Kollegen haben müsste). Müssen viele Skills aus unterschiedlichen Bereichen abgedeckt werden? Dann wird die Anzahl der Mitglieder vielleicht auch mal höher ausfallen dürfen.
Und nicht zuletzt: Teams sind aus Menschen zusammengesetzt. Menschen sind unterschiedlich. Dass eine „mathematische Regel“ hier einfach nicht der Weißheit letzter Schluss sein kann, sollte offensichtlich sein.
Klar, Teamgrößen sollten hinterfragt werden. Wenn mir ein Scrumteam sagt, es habe 14 Mitglieder, frage ich als Coach sicher sehr kritisch, ob das funktioniert und würde eventuell Versuche vorschlagen, mit Aufteilungen zu arbeiten. Aber ein „die Regel sagt, das darf nicht sein“ ist Quatsch.